Jakob Prandtauer - der Profanbaumeister

Der Jahresregent 2010 ist in St. Pölten ohne Zweifel der Barockbaumeister Jakob Prandtauer, der 1660 in Stanz in Tirol geboren wurde – sein 350. Geburtstag bietet Anlass für vielerlei Aktivitäten im St. Pöltner Kulturleben.

Prandtauer-Jahr 2010 in St. Pölten

Ab 1692 ist Prandtauer in St. Pölten nachweisbar, von hier aus hat er seine vielen Baustellen betreut, darunter auch sein Hauptwerk: den Neubau des Benediktinerstiftes Melk a. d. Donau.
1726 verstarb Prandtauer in St. Pölten und hinterließ eines der bedeutendsten baukünstlerischen Werke der österreichischen Barockkunst.
Die drei St. Pöltner Museen – Stadtmuseum, Landes – und Diözesanmuseum und das Stift Melk nehmen das Jubiläum zum Anlass, um sich zu vernetzen und um die Person und das Schaffen Prandtauers umfassend zu dokumentieren und zu präsentieren. Im neu geschaffenen landeskundlichen Teil des NÖ Landesmuseums wird das Leben zur Zeit Prandtauers – anhand vieler originaler Exponate aus der Barockzeit – dem Besucher näher gebracht. Im Diözesanmuseum steht das reiche Schaffen des Baumeisters für sakrale Auftraggeber – bedeutende Stifte in Ober- und Niederösterreich (Melk, Herzogenburg, St. Pölten, St. Florian u.a.) – im Vordergrund. Im Stadtmuseum wird neben einer Biographie des Baumeisters das profane Schaffen thematisiert – Jakob Prandtauer schuf eine Fülle profaner Bauten – Schlösser, Garten- und Lusthäuser, aber auch Stiftshöfe und Weinkeller, Brücken und Kasernen. Auch das Nachleben Prandtauers in St. Pölten wird im Stadtmuseum aufgezeigt – aus seiner Bauschule gingen bedeutende Meister, etwa sein Neffe Joseph Munggenast, hervor. Die Bauten Munggenasts –  u.a. die Prachtfassade des Rathauses von 1727 – tragen noch heute wesentlich zum Erscheinungsbild der NÖ Landeshauptstadt bei.

 

Eröffnungen der einzelnen Ausstellungen:

Stadtmuseum St. Pölten: „Jakob Prandtauer – Der Profanbaumeister“
7. Mai bis 31. Oktober 2010

Diözesanmuseum St. Pölten: „Jakob Prandtauer – Planen und Bauen im Dienst der Kirche“
8. Mai bis 30. Oktober 2010
http://www.dz-museum.at/

Landesmuseum Niederösterreich: „Jakob Prandtauer – Leben im Barock“
9. Mai 2010 bis 26. April 2011
http://www.landesmuseum.net/ausstellungen/sonderausstellungen/jakob-prandtauer

Stift Melk: „350. Geburtstag Jakob Prandtauer“
Festgottesdienst und Eröffnung am 9. Mai 2010
http://www.stiftmelk.at/Sonderausstellung%202010/Jakob%20Prandtauer.htm

Für die Ausstellungen wird ein Sammelticket aufgelegt, zudem erscheinen begleitende Publikationen. Führungen auf den Spuren Prandtauers in St. Pölten ergänzen das reiche Programm zu Ehren des großen Barockbaumeisters.

 

Barockfestival St. Pölten (unter dem Motto „Perspektiven“)

10. bis 24. Juni 2010

Weitere Infos unter www.barockfestival.at

 


Jakob Prandtauer und St. Pölten

Die Stadt St. Pölten weist so viele Apostrophierungen wie kaum eine andere auf. Sie ist die Stadt mit dem ältesten erhaltenen Stadtrecht Österreichs, die jüngste Hauptstadt der Republik, Römerstadt, Architekturstadt und Stadt des Jugendstils, ebenso aber auch Einkaufs-, Freizeit- oder Schulstadt. Das Prägende St. Pöltens schlechthin ist aber das Zeitalter des Barock, das unserer City ihren unverwechselbaren Stempel aufgedrückt hat. Derjenige, der dafür hauptverantwortlich zeichnet, ist einer der größten Söhne der Stadt, Jakob Prandtauer. Geboren 1660 in Tirol, ist er seit 1692 definitiv in St. Pölten, von wo aus er seine glanzvolle Karriere als Baumeister startete, ansässig.

Zu seinen Hauptwerken zählen neben Stift Melk Umbauten in Stift St. Florian oder die Kirche am Sonntagberg. Den Beginn seiner Tätigkeit als Baumeister setzte er aber in St. Pölten. Zu den wichtigsten architektonischen Werken in unserer Stadt zählen das Obergeschoss des St. Pöltner Domturms, der damaligen Chorherrenstiftskirche, der Beginn der hochbarocken Umgestaltung des Dominneren, der Kernbau von Kloster und Kirche des Instituts der Englischen Fräulein, die Barockisierung des im Besitz des Chorherrenstiftes befindlichen Schlosses Ochsenburg oder die Errichtung des stiftlichen Schwaighofs im Süden der damaligen Stadt. Ebenso war Prandtauer ausführender Baumeister des Karmelterinnenklosters samt anschließender Klosterkirche, die noch heute seinen Namen trägt.

Auf Prandtauer geht aber auch das eine oder andere Barockgebäude unserer Stadt zurück, so das Haus Rathausplatz Nr. 6 oder das Haus Wiener Straße 37, während das Gros der barocken Bürgerhäuser von seinem Neffen Joseph Munggenast, bzw. seinen Großneffen Franz und Matthias Munggenast stammt. Letzterer hatte im übrigen dem Wohnhaus der Familie Munggenast, das sich an der Stelle des heutigen Café Pusch befand, sein bestimmendes barockes Gepräge verliehen.

Neben seinem ebenfalls aus Tirol stammenden Neffen Joseph Munggenast, der ab 1717 in St. Pölten ansässig war, hat Prandtauer noch eine Reihe von Landsleuten für seine großen Bauaufgaben herangezogen, so etwa seinen Schwiegersohn Peter Widerin oder den bedeutenden österreichischen Barockmaler Paul Troger, um hier nur die wichtigsten zu nennen. Sie alle haben unter Jakob Prandtauers Anleitung unserer Stadt ihr heutiges Profil verliehen.

Die Stadt St. Pölten hat ihrem großen Sohn bereits mehrfach Referenz erwiesen, sei es durch die Anbringung von Gedenktafeln an seinem Wohnhaus oder im heutigen Bistumsgebäude, sei es durch die Benennung einer Straße oder die Errichtung des monumentalen Prandtauer-Monuments auf dem Europaplatz, nicht zu vergessen die nach ihm benannte Prandtauer-Halle in der Dr. Theodor Körner Straße.

Zu seinem 200. Todestag wurde im Stadttheater das eigens zu diesem Anlass in Auftrag gegebene Prandtauer-Festspiel „Ein Herr und sein Meister“ uraufgeführt. Die St. Pöltner Dichterin Hulda Maria Mical widmete ihm das Gedicht „An Jakob Prandtauer“ und Luise G. Bachmann schuf 1940 sogar einen eigenen, auf dem damaligen Forschungsstand basierenden Roman über den großen Baumeister, der darüber hinaus auch in Joseph Wagners Versepos „Der große Probst“ aus dem Jahr 1933 eine wichtige Rolle einnimmt. Ende der 80-er-Jahre wurde Prandtauer sogar Titelheld einer Single. Heute ist ein eigener Zug nach ihm benannt, eine Schokoladekugel und eine von der Konditorei Pusch kreierte Torte. Darüber gibt’s eine gar nicht so kleine Reihe von Prandtauer-Devotionalien, die sicherlich noch ergänzt durch den einen oder anderen Fund – Teil der Ausstellung im Stadtmuseum sein werden, die sich der Person des großen Baumeisters ebenso widmen wird, wie den vielfach nur wenig bekannten Profanbauten des Meisters und seiner Bauschule. Mit dem sakralen Werk Prandtauers wird sich die Ausstellung im Diözesanmuseum auseinandersetzen, wobei für beide Ausstellungen die Prandtauer-Expertin Nr. 1 Huberta Weigl als Mitarbeiterin zur Verfügung stehen wird. Ergänzt werden die beiden Expositionen durch eine von Elisabeth Vavra kuratierte Ausstellung über das Leben zur Zeit Prandtauers im NÖ Landesmuseum.

Parallel dazu wird in Stift Melk am 9. Mai eine Fotodokumentation über Prandtauer und Stift Melk, die auch einen Blick auf seine anderen Klosterbauten werfen wird, ihrer Bestimmung übergeben werden.

Mit der Person Prandtauers auseinandergesetzt haben sich auch Künstler wie Erich Eybl, der eine Karikatur des großen Baumeisters schuf, ebenso aber auch Friedrich Sochurek oder Ernst Krötlinger, dessen Prandtauer-Porträt den nächstjährigen Hauptstadtwein ziert, und schließlich auch Helmut Kand, der anlässlich des Barockfestivals 1996 eine große bemalte Figur Prandtauers schuf, die Thomas Karl als Ansprechpartner für sein Interview mit Jakob Prandtauer in St. Pölten konkret 6/1996 zur Verfügung stand.

Für Kinder gibt es einen Ausschneidebogen mit „Häuserteilen“ von Prandtauer und Munggenast
um € 2,50 an der Museumskasse zu kaufen, damit kann man selbst verschiedene „Barockhäuser“ entwerfen.
Wie die Häuser aussehen könnten, sehen sie bei unseren „Bildern“.


Biografie von Jakob Prandtauer:

PRANDTAUER, Jakob, Architekt und möglicherweise auch Bildhauer, * 1660 in Stanz (Tirol), genaues Geburtsdatum unbekannt, Taufe am 16.7. 1660; † 16.9. 1726 in St. Pölten (Niederösterreich). – Jakob Prandtauer zählt zu den bedeutendsten Architekten des österreichischen Hochbarock. Seine wichtigsten Werke schuf er für die nieder- und oberösterreichischen Stifte Melk, St. Florian, Garsten, Kremsmünster und Herzogenburg. Als „Hausarchitekt“ zahlreicher Klöster war Prandtauer auch für die Bauvorhaben auf deren Besitzungen verantwortlich. Dort errichtete er Pfarr- und Wallfahrtskirchen, Pfarr-, Lese- und Stiftshöfe, Schüttkästen sowie Kelleranlagen zur Lagerung von Wein. Neben den Klöstern waren die Niederösterreichischen Stände ein weiterer wichtiger Auftraggeber Prandtauers; für sie plante er Brücken und Kasernen. Von seiten des Adels erhielt er vereinzelt Aufträge für Schloßbauten auf dem Land. Jakob Prandtauer deckt das gesamte Spektrum an Bauaufgaben ab, mit dem ein Architekt im Barock betraut sein konnte. (Dr. Huberta Weigl)