St. Pölten 1945-1955, Geschichte(n) einer Stadt

Ostern 1945 erlebte St. Pölten die schwersten Bombenangriffe seiner Geschichte.

Ostern 1945 erlebte St. Pölten die schwersten Bombenangriffe seiner Geschichte. Vierzehn Tage später stand die Rote Armee vor den Toren der Stadt. Nach dreistündigem Kampf war St. Pölten am 15. April befreit, aber für weitere drei Wochen als Frontstadt mitten im Kampfgeschehen.


Der 23jährige Eisenhändler Günter Benedikt übernahm auf Geheiß des russischen Stadtkommandanten das schwere Amt des Bürgermeisters. Schutt wegräumen, Obdachlose unterbringen und vor allem ein demokratisches Gemeinwesen aufbauen, waren seine kaum zu bewältigenden Aufgaben. Vorerst musste aber auch für Ordnung gesorgt werden, denn Plünderungen durch Besatzungssoldaten, Einheimische und Flüchtlinge waren ebenso zu verzeichnen wie Vergewaltigungen durch Soldaten. Benedikt wurde noch im Frühjahr 1945 vom Kommunisten Franz Käfer als Bürgermeister abgelöst, der das Amt bis 1950 bekleidete. 1950 konnte endlich der SPÖ-Wahlsieger Dr. Wilhelm Steingötter die Aufgabe übernehmen, die ihm der Wähler zugedacht hatten – das Bürgermeisteramt von St. Pölten.
Der Wiederaufbau ging nur langsam voran, die Hungerzeit der Bevölkerung dauerte bis weit in Jahr 1946 hinein. Ausdruck der Mangelwirtschaft war bis 1953 das Kartensystem für Lebensmittel, Bekleidung und Hausrat. Erst mit dem Staatsvertrag 1955 kamen die USIA-Betriebe und die von den Sowjets beschlagnahmten Liegenschaften wieder in österreichischen Besitz.
Am 24. August 1955 verließ der letzte Sowjetsoldat die Stadt, die St. Pöltner waren wieder Herren im eigenen Haus.