Wettbewerb Mahnmal Viehofner See

Präsentation der Sieger-Projekte des international ausgeschriebenen Wettbewerbs. Eröffnung und Übergabe der Preise am 14.September, 17 Uhr und Ausstellung der 12 Finalisten mit Catrin Bolt, Matthias Braun, Ulrich Brüschke, Berhard Cella, Judith Engelmaier, Tatiana Lecomte, Aron Itai Margula, Hansjörg Mikesch, Nicole Six & Paul Petritsch zusammen mit Jeannette Pacher, Ulla Rauter, Rene Rheims, Peter Sommerauer

Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich und die Stadt St. Pölten bedanken sich herzlich für das große Interesse an dem internationalen offenen künstlerischen Wettbewerb Mahnmal für die Zwangsarbeiterlager St. Pölten – Viehofen und die vielen Einreichungen.

164 Einreichungen aufgeteilt nach Nationalitäten:
Österreich 116, Deutschland 29, Niederlande 5, Schweiz 5, United Kingdom 2, Polen 2, Italien 1, Rumänien 1, Dänemark 1, Ungarn 1, Luxemburg 1

Ergebnis der Jurysitzung vom 22. Juni 2009
Alle Preise wurden einstimmig vergeben. Statt einem zweiten Preis entschloss sich die Jury, zwei in ihrer Herangehensweise sehr unterschiedliche Konzepte für den ersten Preis zu nominieren. Die Jury hofft, dass beide Projekte realisiert werden können.

1. Preis ex aequo
Catrin Bolt
Tatiana Lecomte

3. Preis
Judith Engelmeier


1.Preis (ex aequo)

Catrin Bolt
1979 in Friesach in Kärnten geboren, in Wien lebend, hat ex aequo mit Tatiana Lecomte den ersten Preis gewonnen. Sie greift in ihrem Entwurf die in Freizeitarealen zur Vermittlung von Informationen beliebten Orientierungstafeln auf. An stark frequentierten Orten geben diese den aktuellen Standort der BesucherInnen wieder, in diesem Fall jedoch auf einer Karte, die die Situation um die Viehofener Seen von 1944 / 1945 wiedergibt. Die fünf vorgeschlagenen Tafeln werden teils Ausschnitte des Geländes, teils das ganze Gebiet wiedergeben, wobei die Baracken der Arbeitslager sowie Teile der Strecke des Todesmarsches samt Legende eingezeichnet werden. Für das Massengrab sieht Catrin Bolt die Entfernung der Kreuze und die Errichtung von mehreren Grabsteinen vor, auf denen die Namen der Verstorbenen festgehalten werden, sowie Texttafeln, die weiterführende Informationen zu Todesursachen oder Erinnerungen der Hinterbliebenen festhalten.

Die Jury entschloss sich für die Erstreihung ex aequo mit Tatiana Lecomte, da es der Künstlerin gelingt, die Aufmerksamkeit der BesucherInnen mit einer allgemein verständlichen und gewohnten formalen Sprache auf die Geschichte des Ortes zu ziehen, um dann einen Prozess der Erkenntnis über Irritation auszulösen; wobei auf bestechend einfache Weise bei den BesucherInnen eine Eigenverortung in einer anderen Zeit ausgelöst wird. Auch die Lösung für das Massengrab besticht durch ihre Schlichtheit und gleichzeitig präzise Ausformulierung.

 

1.Preis (ex aequo)

Tatiana Lecomte
1971 in Bordeaux geboren, in Wien lebend, hat ex aequo mit Catrin Bolt den ersten Preis gewonnen. Sie überzeugte die Jury mit einer konzeptuellen und interaktiven Arbeit, die mit dem Motto „Postkarten können wir eine pro Person schreiben“ überschrieben ist. Lecomte wird an ca. 20.000 Personen, die im St. Pöltener Telefonbuch vermerkt sind, im Laufe eines Jahres eine von ihr selbst handgeschriebene Postkarte schicken, mit dem stereotypen Satz: „Ich bin gesund, es geht mir gut.“. Dies ist ein Satz, den die Insassen der Lager, wenn sie Postkarten schreiben durften, als Standardsatz stereotyp vermerken mussten. Die Motive der Postkarten betreffen die in der Ausschreibung festgesetzten Orte: Viehofener See, Lager der ehemaligen Glanzstoffwerke und Massengrab am Friedhof. Das Projekt wird sich über mehrere Monate hinziehen und somit sukzessive zu einer interaktiven, performativen Gedenkskulptur werden, die die Bevölkerung von St. Pölten miteinbezieht.

Die Jury befand diese Arbeit als innovativ und herausragend und schlägt sie daher zur Realisierung vor, in der Überzeugung, dass damit ein spannender Auseinandersetzungsprozess mit der ausgeschriebenen Thematik entstehen kann. Die historischen und aktuellen Hintergründe der Arbeit werden auf einer Homepage präsentiert, deren Adresse auf den Postkarten vermerkt sein wird. Zum Standort Friedhof vermerkt die Künstlerin: „Meiner Meinung nach ist es die Aufgabe der LokalpolitikerInnen, das Grab angemessen zu kennzeichnen. Diese Verantwortung sollen ihnen die KünstlerInnen nicht abnehmen.“

 

3. Preis

Judith Engelmeier
Dresdner Architektin, entführt den Besucher mit ihrer Arbeit einige Meter unter die Wasseroberfläche. Über 20 Stufen vom Seeufer aus zu erreichen, schafft sie „Am Grund“ – so der Titel ihrer räumlichen Intervention – einen kontemplativen Gedenkraum, der von drei Seiten von Wasser umspült ist. Sowohl räumlich, als auch akustisch entsteht auf diese Weise ein vom Alltag entrückter Ort. Der Baum, der scheinbar aus dem Fundament entwächst, unterstreicht die Stimmung dieses Raumes. Lediglich eine rundum laufende Gedenkschrift offenbart den eigentlichen Zweck dieser künstlerischen Arbeit.

Die Jury würdigt den starken Ausdruck des Projekts sowie die Tatsache, dass der Raum „Am Grund“ nutzungsflexibel ist – vom singulären Meditationsraum über eine Versammlungsstätte in kleiner Gruppe bis hin zur Freiluftklasse für Schüler und Studierende. Eine besondere Qualität dieses Entwurfs liegt in der Tatsache, dass er seine Wirkung gleichermaßen von nah und fern erzielt. Der vom Prisma eingefasste und scheinbar im Wasser versunkene Baum irritiert auf den ersten Blick und deutet auf diese Weise auf jene Vergangenheit hin, die unter Wasser verborgen und somit dem menschlichen Auge entzogen ist.

Wenn schon nicht die Geschichte dieses Ortes an die Oberfläche gebracht wird, so kann der Betrachter sich zumindest sprichwörtlich in sie vertiefen.


Genauere INFOS auf folgender Homepage

http://www.publicart.at/d_home.html